Yunus & Katharina- Der Haushalt II





Nach dem wohlverdienten Sex am Abend, steht Yunus lange vor meiner Strichliste. „Ich weiß nicht, Katharina, soll ich die Striche stehen lassen, als Statistik oder soll ich sie wegmachen, weil die Strafpunkte abgegolten sind?“ Ich zucke mit den Schultern, „Das weiß ich doch nicht, seit wann fragst Du mich?“

Ich war erleichtert, dass Yunus Claas weggeschickt hat und ich bin noch benebelt von dem Sex danach, wieso sollte ich mir noch Gedanken machen. Mein Handy liegt noch neben meinen ausgezogenen Klamotten von heute Nachmittag, ich habe es seitdem nicht mehr benutzt.

Ich schnappe mir meine Sachen und möchte mich wieder anziehen, da entdecke ich einen Notizzettel unter meinen Sachen. Nanu, was ist das für eine Nummer, wann habe ich die notiert? Fast hätte ich den kleinen Zettel zerknüllt und in den Papierkorb geworfen, da entdecke ich hinter der Zahlenkombi den Namen Gideon. Wie kommt der Zettel nur unter meinen Sachen? Sicherlich lag er schon da und ich habe es nicht bemerkt. Ich nehme den Zettel und lese ganz klein darunter. „Bitte rufe mich mal an, ich würde mich gerne mal mit Dir allein unterhalten, wenn Dir das mit Yunus alles zuviel wird“

Was will der? Was hat das zu bedeuten? Was denkt der sich? Der so schüchterne Gideon wagt es, mit mir persönlich in Kontakt zu treten? Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich gehe mal davon aus, er will das alles genauer von mir wissen, aber ich kann ihn überhaupt nicht einschätzen. Was mache ich nur, es interessiert mich brennend, was er mir sagen will. Bei der nächsten Gelegenheit, wenn ich frei habe und Yunus länger im OP steht, werde ich mich bei ihm melden.

Meine Stirn wirft Falten und Yunus bemerkt meinen angestrengten Gesichtsausdruck. Ich klappe schnell mein Notizbuch zu in der Hoffnung, dass Yunus den Zettel nicht findet und nichts von all dem ahnt.

„Ist was Katha? Du schaust so?“ Er macht mich nervös, „Wie schau ich denn?“ habe ich mich verraten? „So nachdenklich und auch etwas erschrocken.“ Sag ich´s ihm gleich oder ist es besser zu schweigen? „Nee, das bildest Du dir nur ein, Du suchst!“

„Okay, wenn Du das sagst, dann komm her.“

Ich werde ihn nicht anrufen, mal vorstellen, ich rufe Gideon an und Yunus steht zufällig daneben, nein besser ist, ich schreibe, per WhatsApp, dann störe ich nicht und er kann sich melden, wie er Zeit hat. Kompliziert heutzutage, ich versuche den Gedanken an Gideon zu verdrängen, vorerst.

Ganz unverblümt, will ich Yunus noch ein paar Dinge über Gideon entlocken, schließlich weiß ich fast gar nichts über ihn.

„Sag mal Yunus, dieser Gideon, was ist das für Einer, wenn Du ihn hierherschleppst und mit dieser Situation konfrontierst? Er wirkte auf mich so schüchtern.“

„Hm, Gideon ist relativ neu bei uns, schüchtern würde ich nicht sagen, aber ruhig, der Genießer, weißt Du?“ „Nein, weiß ich nicht!“

„Ja eben ein stiller Beobachter, er genießt und macht das mit sich aus, immer nett und hilfsbereit und nun ja, erstmal 3 Monate abwarten, dann mal sehen, wie er sich entpuppt.“

„Ich meine einfach, wie kommt es, dass Du ihn einlädst, während ich hier nackt bin, Claas ist kein Thema, aber der Neue? Meinst Du nicht, dass ihm seine Anwesenheit selbst peinlich war?“

„Der soll gleichmal sehen, wie der Hase läuft! Nein, im ernst, er war schön öfters dabei, als wir uns über so heiße Themen in der Arbeit unterhalten haben, solche Themen sind doch unter uns Männern und noch dazu Medizinern ganz normal.“

Ich will nicht weiter nachfragen und beschließe für mich, mich evtl. morgen bei ihm zu melden, mal sehen, ich bin zu neugierig.

Das wars, mehr reden wir am Abend über dieses Thema nicht, der Tag und das Spiel ist vorbei. Morgen ist ein neuer Tag und da vermeide ich auch, weiter nachzuhaken, nicht dass Yunus Lunte riecht. Jetzt ertappe ich mich selbst dabei, etwas Verbotenes zu tun, ist es verboten? Oder hat nur Yunus ein Problem damit, okay, schlafende Hunde soll man nicht wecken. Es ist nichts und wird auch nichts werden, aber dennoch muss ich Yunus nicht alles erzählen.

Es ist Montagnachmittag, nach meiner Schicht, ich sitze am Parkplatz in meinem Auto und tippe in mein Handy: „Hallo, hier ist Katharina, Yunus´Katharina! Du wolltest, dass ich mich bei Dir melde?“

Das muss fürs erste genügen, ich bin gespannt und warte ab. Ich erwarte nicht, dass er gleich zurückschreibt, er ist ja noch in der Arbeit, darum lege ich mein Handy zurück in meine Tasche.

Zu meiner Überraschung kommt Yunus früher als gedacht nach Hause, das gefällt mir heute gar nicht, schließlich erwarte ich eine Nachricht, von der Er nichts wissen muss, sicherheitshalber stelle ich mein Handy auf lautlos und deshalb werfe ich ab und zu einen verstohlenen Blick drauf.

Yunus schaut mich schon schief an, weil ich öfters als gewöhnlich auf mein Handy schaue. Er muss nochmals weg zu einem Notfall und ich schalte mein Handy wieder in den Anwesenheitsmodus. Mein Handy zeigt mir drei neue Nachrichten in Abwesenheit an, die ersten zwei sind von Gideon. Ich bin neugierig und erleichtert zugleich.

„Hallo Katharina, ich muss mich unbedingt mit dir treffen, alleine unter 4 Augen. Heute 16:45 Uhr Cafe am Stadttor?“ Puh, der hat aber Nerven, ich schreibe Yunus eine Nachricht, ich habe keine Ahnung, wann er wieder kommen wird, und frage ihn, ob ich Essen besorgen soll, da ich nochmals in die Stadt gehe.

Mann, Gideon traut sich was, ein Café mitten in der Stadt? Hoffentlich treffen wir niemanden, den wir kennen. Aber gut, wir sind beide nicht von hier und soviele Leute kennen wir nicht. Ich ziehe mich nicht sonderlich auffällig an, nach dem Motto sehen und vergessen. Ich bin als erstes am vereinbarten Treffpunkt, ich studiere vor dem Eingang die Speise-und Getränkekarte. Gideon lässt auf sich warten, okay, in diesem Beruf kann man nicht pünktlich mit der Uhr gehen. Es vergehen 5 Minuten bis Gideon im schnellen Schritt um die Ecke biegt. Er lässt mir den Vortritt ins Cafe´ und zeigt auf einen freien Tisch im hintersten Eck. Noch immer schaue ich ihn irritiert an, ich kann es nicht erwarten und frage ihn, was er auf dem Herzen hat, was er mir unbedingt sagen will. „Hat Yunus noch eine andere Freundin oder was musst Du mir dringend sagen? Wir kennen uns doch kaum!“

„Ja genau, dann möchte ich dich doch gerne näher kennenlernen von einer anderen Seite und angezogen. Ich will dir nur erklären, ich bin neu hier und Yunus und Claas haben mich eingeladen, Sport bei Euch zu gucken und dann war ich so perplex, was bei Euch abgeht, dass ich nicht weiß, war das Absicht von den Beiden, wollen die mich ärgern, war das ausgemacht?“

Ich versuche ihn das alles zu erklären, dass ich genauso erschrocken darüber war, dass außer Claas noch jemand für mich unbekanntes mitkommt, aber es ist okay. „Ich schätze Yunus als Vorgesetzten und Kollegen sehr, aber was er mit dir macht?“ Ich muss lachen, „aber Gideon, da musst Du dir doch keine Gedanken drüber machen, das ist doch nicht dein Problem!“

„Ja, aber was Yunus mit dir macht, wieso lässt Du dir das gefallen?“ „Aber Gideon, ich liebe ihn doch, er schadet mir doch nicht!“

Gideon hakt weiter nach, mit meiner Erklärung gibt er sich nicht zufrieden. „Er schadet Dir nicht? Ich habe ein paar Semester Psychologie studiert, Du bist ihm hörig, er lässt dich vor uns nackt die Wohnung putzen, während wir Sport anschauen, und dann schlägt er dich auch noch! Das geht doch zu weit!“

„Nein, Du darfst das nicht falsch verstehen, Yunus schlägt mich nicht, wenn dann züchtigt er mich und ich fordere das heraus, das ist unsere Spielart.“

„Natürlich weiß ich, dass das manche in der Partnerschaft so praktizieren, aber ich habe noch nie jemanden kennengelernt der das so auslebt, es hat mich sprachlos gemacht.“

„Ich dachte, Du hast das studiert? Dann musst Du doch mehr darüber wissen? Ich sage dir, Du brauchst dir keine Gedanken um mich zu machen, es geht mir gut mit Yunus.“

Gideon lässt aber nicht locker, er möchte, dass ich seine Nummer einspeichere, für den Notfall. Soviel steht fest, er hat seine Zweifel und ich dachte schon, Yunus hätte noch jemanden neben mir.

„War´s das?“ frage ich ihn, ich fasse mich kurz, denn Yunus meldet sich und ich möchte noch etwas zum Essen besorgen. Zwei Tage später meldet er sich schon wieder und bittet um ein weiteres Treffen, ich willige ein. Einfach nur, um unter Leute zu kommen und neue kennenzulernen. Wir treffen uns wieder im selben Cafe´, das kennen wir wenigstens schon.

„Katharina, lass mich dich ansehen, geht es dir wirklich gut?“ „Ja, verdammt!“

„Nein, nicht genervt sein, ich mag dich sehr, Du hast so eine verletzliche Seite, komm lass uns spazieren gehen. Yunus wirkt auf dich wie ein Teufel, ein Ungetüm, dabei bist Du engelsgleich.“

Ich muss lachen, jetzt übertreibt er aber ein bisschen. Wir gehen spazieren, in einem Park mit einem kleinen See. Wie selbstverständlich legt er seinen Arm um mich und ich finde es sogar ziemlich angenehm, obwohl ich mich anfangs etwas befangen fühle. So geht es fast zwei Wochen weiter, wann immer Gideon Zeit hat, will er sich mit mir treffen. Dies klappt auch ganz gut, denn Yunus bleibt täglich länger in der Klinik. Die Nachrichten, die mir Gideon schickt, lösche ich vorsichtshalber, man kann ja nie wissen.

Ich lasse mich Hand in Hand von Gideon führen und mit der Zeit genieße ich das auch, es passiert nichts weiter zwischen uns, es ist nur Freundschaft. Er hat verstanden, um was es mir und um was es Yunus geht und er ist auch mein Seelentröster, wenn es mal nicht so läuft und ich meine Zweifel an Yunus habe.

Ich komme stets ausgeglichen von den Treffen nach Hause und Yunus macht meine gute Laune langsam stutzig.

„Was soll los sein mit mir? Ich beginne mich hier einzuleben und der Frühling ist da, da ist es doch nicht verwunderlich, mal bessere Laune zu haben.“

„Natürlich, aber ich habe schon mehrmals nachmittags hier angerufen und dich nicht erreicht, Du erzählst mir nie etwas von deinen freien Tagen.“

„Ich bin draußen, spazieren, ich schaue mir die Stadt und die Gegend an, ich muss das doch kennenlernen, ich kann doch nicht warten bis zum Wochenende, wenn Du mal Zeit hast. Mein Handy ist auf lautlos, wie so oft und ich genieße die Ruhe, ist das verboten?“ „Nein, natürlich nicht! Es wundert mich, dass ich dich in den letzten Tagen NIE erreicht habe, ich glaube, dass muss anders werden. Ab morgen gehst Du an dein Handy, verstanden!“ Ich bin genervt, Yunus geht zur Strichliste und erweitert sie um weitere 4 Striche, genau 4x in der Woche war ich für ihn nicht erreichbar. Ich denke an Gideon, verbotenerweise, dies allein würden 100 Striche bedeuten, ich habe Gewissensbisse, aber es ist mir egal. Je öfters ich Gideon sehe, umso mehr fühle ich mich zu ihm hingezogen.

Am Ende der Woche bin ich fällig, Yunus zeigt auf die Strichliste und ich lege mich wie vereinbart wortlos über die Stuhllehne. Es langweilt mich! Ich weiß, was kommt, beim ersten Schlag kreische ich auf. Ich stehe auf, ziehe mir meine Hose wieder an, schaue in Yunus dunklen Augen: „Ich will das nicht mehr!“

Yunus schweigt, er setzt sich hin, es rattert in ihn, ich merke das. „Was ist los?“

„Ich weiß es nicht, ich bin es satt, so langsam.“

„Okay?“ Er lässt von mir ab und geht in sein Büro. Das sitzt, das NICHT-MIT-MIR-REDEN ist schlimmer als alles andere. Ich sitze da und heule, ist das das Ende? Bin ich jetzt soweit, dass ich Gideon anrufe?

Ich tippe in mein Handy: „Hast Du für mich Zeit?“

„Für Dich immer, in 10 Minuten am See im Park?“

Ich tippe nur ein kurzes „Si!“ was bedeutet, dass ich schon unterwegs bin. Meine Tränen wische ich eilig weg, ich brauche mich bei Gideon für nichts zu schämen.

Seine Hände tief in den Taschen seines kurzen Trenchcoates vergraben, den Kragen als Schutz vorm Wind hochgestellte, schlendert er langsam am Teich vorbei. Als er mich erblickt, werden seine Schritte schneller und er eilt mir entgegen. Er breitet seine Arme aus und fängt mich auf.

Ich lasse meinen Tränen freien Lauf, Gideon sagt nichts, spendet mir nur Trost, indem er meinen Kopf an sich drückt. Seine Wärme, sein Atem, seine unausgesprochenen Worte bedeuten mir so viel. Ich fühle mich geborgen, wie so lange nicht mehr. Er versteht mich und ich muss mich nicht erklären. Wäre es so weit gekommen, wenn er nicht so beharrlich wäre? Wenn er kein so großes Herz und Verstand hätte? Kann er Yunus noch anschauen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben?

Ich stottere, „Ich…ich…!“ Gideon drückt mir seinen Finger auf meinen Lippen, „Sag nichts!“